Mit dem BULKINSPECTOR Gaspycnometer PYC 130-A lässt sich die Dichte von Feststoffen und Schüttgütern bestimmen – in einem Gerät, automatisch und ohne manuelle Eingriffe. cav sprach mit Jens Corell und Prof. Dieter Schwechten über die innovative Lösung, die eine prozessbegleitende Online-Dichteanalytik möglich macht und auf der Achema zu sehen sein wird.
Herr Corell, bei der Entwicklung des BULKINSPECTORs Gas-Pycnometer PYC 130-A haben Sie mit Prof. Schwechten von der HTWG Konstanz zusammengearbeitet. Wie kam es zu dieser Zusammenarbeit?
Jens Corell: Wir kennen uns seit fast 30 Jahren. Bei einem Standbesuch auf einer Messe – ich glaube, es war die Powtech in Nürnberg – hat uns Prof. Schwechten sein Konzept von einem vollautomatisch und kontinuierlich arbeitendenden Gaspyknometer vorgestellt. Das hat uns überzeugt und zum Start der Geräteentwicklung veranlasst.
Mit dem PYC 130-A lässt sich die Skelettdichte bestimmen. Wie unterscheidet sich diese von der normalen Dichte?
Prof. Dieter Schwechten: Mit Blick auf poröse Körper, zu denen ja auch Schüttgutteilchen gehören, unterscheidet man zwischen Skelett- und Rohdichte. Bei der Bestimmung der Skelettdichte wird ausschließlich das Volumen des stofflichen Teils des porösen Körpers berücksichtigt. Im Unterschied dazu kommt bei der Bestimmung der Rohdichte zum Volumen des stofflichen Teils noch jenes der geschlossenen Poren hinzu. Die Skelettdichte lässt sich sehr gut mithilfe von Gaspyknometern bestimmen, bei denen das Messgas in die offenen Poren eindringt und so das Volumen des stofflichen Teils von porösen Feststoffteilchen zugänglich macht.
Welche Rolle spielt die Dichte bei der Charakterisierung von Schüttgütern?
Corell: Sie kann unter Umständen chemische Analysen ersetzen. Denn die Dichte ist eine stoffspezifische Konstante, die beispielsweise Rückschlüsse auf die Reinheit von Stoffen erlaubt.
Ermöglicht sie auch Aussagen über das Verhalten von Schüttgütern in Prozessen?
Prof. Schwechten: Auch das. Die Dichte beeinflusst u. a. das Verdichtungsverhalten von Schüttgütern und ihre Fließeigenschaften.
Welche Verfahren gibt es zur Dichtebestimmung von Festkörpern?
Prof. Schwechten: Gemeinsamkeit aller Verfahren ist, dass das Volumen des Körpers und seine Masse in getrennten Arbeitsschritten bestimmt werden. Aus beiden Größen wird dann die Dichte errechnet. Das einfachste Verfahren zur Volumenmessung kennen Sie aus dem Physikunterricht. Da wurde ein Körper in einen mit Wasser gefüllten Messzylinder getaucht und das von ihm verdrängte Volumen gemessen. Deutlich eleganter und genauer ist der Einsatz von hydrostatischen Waagen. Hier nutzt man den Auftrieb eines Körpers in Wasser zur Bestimmung seines Volumens. Etwa Mitte der 50er-Jahre kamen dann die Gaspyknometer auf den Markt. Herzstück der Geräte sind zwei Kammern. Die eine dient als Proben-, die andere als Expansionskammer. In die Probenkammer wird die zu bestimmende Probe eingebracht. Anschließend wird das Gas aus der Probenkammer in die Expansionskammer entspannt. Gemäß dem Gesetz von Boyle-Mariotte kann das von der Probe verdrängte Gasvolumen berechnet werden.
Welche Vorteile bieten Gaspyknometer?
Prof. Schwechten: Sie arbeiten sehr genau und eignen sich auch für die Volumenbestimmung von pulverförmigen und porösen Proben.
Welches Messgas kommt zum Einsatz?
Prof. Schwechten: Meist Helium. Es verhält sich unter Raumbedingungen fast wie ein ideales Gas, deren Verhalten das Gesetz von Boyle-Mariotte ja eigentlich beschreibt. Außerdem ist es inert, sodass es nicht mit den Proben reagiert. Und die Heliumatome sind so klein, dass das Gas auch in feinste offene Poren eindringen kann.
Welche Nachteile ergeben sich aus der getrennten Messung von Volumen und Masse für die Dichtebestimmung?
Corell: Zum einen verlängert der manuelle Transport der Probe von der Volumenmessung zur Präzisionswägung die Prozedur gewaltig. Zum anderen wird die Probe dabei unterschiedlichen Temperaturen ausgesetzt. Das ist ein großer Nachteil, weil das Volumen und damit die Dichte temperaturabhängige Größen sind und es so zu verfälschten Messergebnissen kommen kann. Und nicht zuletzt besteht das Risiko, dass es beim Transport zu einer Verunreinigung der Probe kommt.
Prof. Schwechten: Es gibt noch einen weiteren Aspekt: Heute werden Prozesse mittels Online-Sensorik überwacht, gesteuert und geregelt. Dazu braucht es schnelle und zuverlässige Messmethoden auch für die Dichte. Vor diesem Hintergrund entstand das Konzept eines vollautomatischen Gaspyknometer mit eingebauter Präzisionswägetechnik.
Wie haben Sie das konstruktiv gelöst?
Corell: Volumenbestimmung und Wägung finden in einer geschlossenen und mit Peltier-Elementen temperierten Messkammer statt. Die Proben werden mit einem Handhabungsgerät, das mit einem Greifer ausgestattet ist, in der Messkammer vom Pyknometer zur Präzisionswaage bewegt.
Man unterscheidet bei den Gaspyknometern zwei Funktionsprinzipien – Gaspyknometer mit konstantem Druck und Gaspyknometer mit konstantem Volumen. Welches Prinzip kommt beim BULKINSPECTOR PYC 130-A zur Anwendung?
Prof. Schwechten: Wie alle gängigen Gaspyknometer arbeitet der BULKINSPECTOR nach dem Prinzip des konstanten Volumens. Es gibt eine Proben- und eine Expansionskammer, beide haben ein definiertes Volumen und sind über ein Ventil miteinander verbunden. Die Probe wird in die Probenkammer eingeschleust. Anschließend wird letztere mit Helium beaufschlagt bis der Aufgabedruck P1 erreicht ist. Dann wird das Ventil geöffnet und das Gas entspannt in die Expansionskammer, wobei sich in der Kammer der Ausgleichsdruck P2 aufbaut. Dieser wird erfasst und findet gemeinsam mit den bekannten Volumina der beiden Kammern Eingang in die Berechnung des Probevolumens.
Das Volumen ein und derselben Probe wird mehrfach bestimmt. Warum?
Corell: Auf diese Weise können wir einerseits Messunsicherheiten reduzieren und anderseits auch quantifizieren.
Aus welchen Hauptkomponenten besteht der BULKINSPECTOR Gaspycnometer PYC 130-A?
Prof. Schwechten: Herz der Anlage ist die temperierte Messkammer, in der Pyknometer und Präzisionswaage untergebracht sind. Dieser vorgeschaltet ist eine Befüllungsstation. Hier werden die Messbecher, deren Leergewicht vor jeder Messung bestimmt wird, mit der Probe befüllt, temperiert und anschließend in die Messkammer geschleust. Dann gibt es noch die Entleerstation. Dorthin gelangen die Messbecher nach der Messung zur Entleerung und Reinigung mit Druckluft. Und nicht zu vergessen ist das Handhabungssystem, mit dem die Messbecher in der Anlage transportiert werden.
Für den BULKINSPECTOR Gaspycnometer PYC 130-A gibt es Messbecher mit einem Fassungsvermögen von 10, 65 und 130 cm3. Warum ist das notwendig?
Prof. Schwechten: Die Größe des verwendeten Messbechers richtet sich nach der Probenmenge und diese hängt wiederum von der Partikelgröße des zu untersuchenden Schüttguts ab. Bei sehr feinen Pulvern ist die benötigte Probenmenge geringer als bei grobkörnigen Produkten.
Wie viele Messungen können pro Stunde durchgeführt werden?
Corell: Mindestens zehn Messungen.
Normalerweise gelangen die Proben über ein Probenmagazin, das Platz für vier Messbecher bietet, in den BULKINSPECTOR. Kann das Gerät auch mit einem automatischen, kontinuierlich arbeitenden Probenahmesystem kombiniert werden?
Corell: Das ist möglich und macht auch den Reiz unserer Lösung aus, weil herkömmliche Pyknometer manuell und damit diskontinuierlich betrieben werden. Möglich ist zum Beispiel die Probenahme aus einer Fallleitung, aus der entnommene Einzelproben analysiert werden, oder in einer Probenaufbereitungsanlage auch Sammelproben gebildet werden, bevor dieser einer Analyse im BULKINSPECTOR unterzogen werden.
Prof. Schwechten: In Kombination mit Probennahmesystemen öffnet unser System die Tür zu einer automatischen Online-Dichteanalytik direkt an Produktionsanlagen im 24/7-Betrieb. Auf diese Weise wandelt sich die Dichte von einem Parameter zu Beurteilung der Qualität von Schüttgütern und Schüttgutgemischen zu einer Regelgröße für die Steuerung von Prozessen.
„In Kombination mit Probennahmesystemen öffnet der Bulkinspector die Tür zur automatischen Online-Dichteanalytik direkt an Produktionsanlagen.“
Und sind dafür zehn Messungen pro Stunde ausreichend?
Prof. Schwechten: Ich denke ja. Schließlich sind verfahrenstechnische Prozesse allgemein vergleichsweise langsam.
Und für welche Schüttgüter ist der BULKINSPECTOR geeignet?
Corell: Wir stehen am Anfang und gehen heute davon aus, dass mit ihm die Dichten aller Schüttgüter bestimmt werden können.
Prof. Schwechten: Sehr feine und kohäsive Pulver bereiten Gaspyknometern in der Regel Probleme. Beispielsweise kann es bei Pulvern zur Staubentwicklung kommen, wenn das Helium in die Messkammer strömt oder es in die Expansionskammer entspannt, was zu Störungen der Messung führen kann. Und noch eine Ergänzung zur Anwendbarkeit: Mit dem BULKINSPECTOR können auch in Zweikomponentengemischen die Gehalte der beiden Komponenten bestimmt werden. Voraussetzung ist, dass die Reindichten der beiden Komponenten bekannt sind.
Wo sehen Sie Anwendungsmöglichkeiten des BULKINSPECTORs Gaspycnometer PYC 130-A in der chemischen und pharmazeutischen Industrie?
Corell: Das Einsatzspektrum ist breit: Es reicht von der Qualitätssicherung bei der Herstellung von glasfaser- und kohlenstofffaserverstärkten Kunststoffen bis hin zur Bestimmung des Porenvolumens von offenporigen Schäumen oder Trägermaterialien für Katalysatoren.
Und in der pharmazeutischen Industrie?
Corell: Beispielswiese bei der Herstellung von tablettenförmigen Medikamenten. Hier kann die Anlage zum einen zur Bestimmung der Tablettenverdichtung und zum anderen zur Erfassung von Poreneinschlüssen genutzt werden. Letztere lassen sich mit unserem BULKINSPECTOR auch in Lippenstiften erfassen.
Wann wird SIEBTECHNIK TEMA mit dem Verkauf des BULKINSPECTORs Gaspycnometer PYC 130-A starten?
Corell: Verkaufsstart war am 3. Januar 2022. Der BULKINSPECTOR ist also verfügbar. Außerdem bieten wir Interessenten Versuche mit eigenen Produktmustern an. Dafür steht ein Gerät in unserem Technikum zur Verfügung. Des Weiteren planen wir in den nächsten Monaten die Bereitstellung von Leihgeräten.
Betreuen von Beginn an das Projekt BULKINSPECTOR: Oliver Born (li), zuständig für die Entwicklung der Programmierung, und Marc Schumacher (re), verantwortlich für die konstruktive Ausarbeitung
SIEBTECHNIK GmbH, Mülheim an der Ruhr
Das Interview führte für Sie: Lukas Lehmann (Redakteur CAV)
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